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Zu den vielen Highlights im stilvollen Alten Stadtbad in Leipzig gehörte der Auftritt von Henric de la Cour. Einige Stunden davor hatte VOLT die Chance, ausführlich mit dem sympathischen Schweden zu klönen und ihm Interessantes aus seiner musikalischen Vergangenheit zu entlocken.
Kannst du spontan sagen, wie oft du bereits in Leipzig gespielt hast?
Ich glaube, dass es als Henric de la Cour das vierte Mal ist.

Wir mögen es hier und ich kann verstehen, dass die Leute das sagen. Uns sind Stadt und Location recht vertraut. Manchmal bleiben wir zwei Tage und haben Zeit für Unternehmungen. Beim letzten Besuch sind wir in einer kleinen Straße mit einer netten Bar und einem Club gelandet. Ich habe keine Ahnung mehr, wo das war. Aber da hatten wir einen tollen Abend. Häufig spielen wir zeitgleich mit befreundeten Bands, dann treffen sich sowieso alle in der Moritzbastei und feiern miteinander.
Apropos befreundete Bands ... Wie ist das, wenn ihr, wie hier, auf andere Schweden trefft: Gibt es da ein großes Hallo oder geht ihr euch eher aus dem Weg?
Die Jungs von Agent Side Grinder kennen wir ganz gut, und wir mögen uns. Johan [Lange] und ich sprechen immer über KISS, denn das ist eine unserer Lieblingsbands. Aber damit stehen wir wohl ziemlich allein da [lacht].
Sicher kennen wir auch die anderen schwedischen Bands. Irgendwie wohnen wir alle in Stockholm und sehen uns auf dem einen oder anderen Konzert. Als wir letztes Jahr beim Amphi Festival gespielt haben, sind wir in großer Gruppe in eines der typischen Kölner Brauhäuser gegangen. Das war ein verrückter Abend! [siehe → Interview Cryo]

Yvonne war im Wesentlichen eine Gruppe von Freunden. Wir wollten Musik machen, die wir selbst mochten und die so kein anderer gemacht hat. Wir haben uns mit den vier veröffentlichten Platten stets weiterentwickelt, aber nie unsere Nische oder ein passendes Publikum gefunden. So ähnlich war es auch mit Strip Music. Kein Electro, kein Pop, kein Rock ... eine Mischung aus allem. In Schweden waren wir Teil der Indie-Pop-Szene, haben einige Male auf dem Arvika Festival gespielt und auch bei anderen großen Festivals. Aber außerhalb Schwedens war das schwieriger.
„Irgendwie gab es fast strenge Regeln, wie man zu klingen hat, wenn man in Deutschland spielen will.“ Henric de la Cour
Von Mitte der 1990er- bis etwa Mitte der 2000er-Jahre ähnelten sich viele Synthie-Bands. Irgendwie gab es fast strenge Regeln, wie man zu klingen hat, wenn man in Deutschland spielen will. Aber wir, mit Gitarren und anderen Instrumenten, taten das nicht ansatzweise. EBM machten wir schon gar nicht. Vielleicht wollte uns deshalb niemand hören.
Und heute?
Henric de la Cour soll deutlich elektronischer klingen. Richie [Rikard Lindh] und ich versuchen, die Dinge einfacher zu halten, sagen oft „nimm das raus, hör auf damit!“ Das war die Idee dahinter, und nicht etwa der Wunsch, häufiger in Deutschland auftreten zu können. Wir haben noch mal klein angefangen, doch mit unserem großartigen Label und dessen Verbindungen konnten wir sehr bald wieder mehr Leute erreichen.
Und Richie ist ein Meisterproduzent! Er findet ganz neue Soundlandschaften und Klänge. Oft hat ein Song ursprünglich ganz anders geklungen, aber letztlich führt er ihn genau ins Ziel. Die Zahl der Leute, die uns mögen, wird immer größer, also machen wir offensichtlich etwas richtig [lacht].
Wie würdest Du die aktuelle Szene beschreiben?
Da bin ich kaum involviert. Ich höre kaum elektronische Musik und verfolge nicht, was die Bands machen. Vieles klingt für mich ähnlich. Ästhetik und künstlerische Performance sind sehr homogen. Da gibt es die Depeche-Mode-Bands, die DAF-Bands, die Nitzer-Ebb-Bands. Das soll nicht heißen, dass die nicht gut wären – nur reizt es mich halt wenig. Es ist ok, dass es Bands gibt, die ihren Sound und ihr Publikum gefunden haben. Sie bleiben dem treu und bieten ihren Fans Variationen dessen, was sie gerne sehen wollen. In dieser Hinsicht sind das Publikum und einige Bands gewissermaßen konservativ.
Vielleicht gibt es aber auch nicht genug neue Leute in dieser Szene, kein neues Blut, keine neuen hungrigen Bands, weil die von den alten Männern ganz schnell abgelehnt werden [lacht]. Das ist ein bisschen wie bei McDonald‘s, da soll der Big Mac auch immer gleich schmecken.
„Wir sind zu alt, um irgendwo in einem Bett im Keller zu schlafen.“ Henric de la Cour
Seid ihr gern auf Tour?
Vermutlich sind wir in Deutschland mittlerweile beliebter als in Schweden. Ehrlich gesagt spielen wir gar nicht so oft live. Wenn wir ein Album veröffentlichen, machen wir vielleicht drei Shows in Schweden – weil es nur drei Städte gibt, in denen es für uns Sinn macht: Stockholm, Göteborg und Malmö. Die anderen sind einfach zu klein.
Mittlerweile sind wir auch zu alt, um tagelang in einem Tourbus herumzufahren oder irgendwo in einem Bett im Keller zu schlafen. Heutzutage darf es deutlich vernünftiger zugehen.
www.facebook.com/HenricDLC
Live-Foto: Alexander Jung