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Die Musik von Hante. ist der Inbegriff von Melancholie und kühler Schwere. Die einen nennen das Dark Wave oder Synth Wave. Andere wählen dafür die noch ältere Bezeichnung Cold Wave, die ihren Ursprung in Frankreich und im Umfeld von New Rose Records hat. Als das Label seine Arbeit aufnahm, war Hélène de Thoury noch nicht auf der Welt. Die Pariserin produziert seit 2013 traurige, meist minimal-elektronische Musik von einer Brillanz, die die vieler ihrer Wegbereiter der ganz frühen 80er-Jahre weit überstrahlt. Ein Titel wie Fierce, auf Deutsch grimmig oder wild, mag nicht in das bisherige Bild von ihr passen. Hélène hatte jedoch gute Gründe, ihr viertes Album mit Hante. genau so und nicht anders zu nennen.


Fierce ist ein starker Name für ein Album. Was ist die Idee dahinter?
Bevor ich überhaupt anfing, Songs für das Album zu schreiben, wollte ich es Tomorrow Is A New Day nennen. Ich fand, das wäre eine schöne Fortsetzung von This Fog That Never Ends und Between Hope & Danger. Und es sollte ja auch einige etwas optimistischere Texte enthalten. Dann komponierte ich den Album-Opener und hatte sofort diese Worte im Kopf, die perfekt passten. Ich hätte den Songtitel auch für das Album behalten können, aber nach all den Monaten der Arbeit fehlte ihm etwas: die Ausstrahlung von Stärke.
Mehr noch, als etwas Optimistisches einzubauen, wollte ich zeigen, dass es keine Resignation, kein Selbstmitleid gibt. Wir können traurig sein, wir können uns niedergeschlagen fühlen – aber tief in unserem Inneren gibt es dieses Licht, das uns am Leben hält, eine Form von Überlebenskampf, etwas Animalisches, Instinktives. Meiner Ansicht nach beschreibt das Wort Fierce dies perfekt.


Wovon handeln die Songs auf diesem Album?
Es ist eine Mischung aus Obsessionen, Leidenschaft, vergifteten Beziehungen, wilden Trieben, Selbstzerstörung mit einem Hauch von Hoffnung und Neubelebung.

Wie entsteht üblicherweise ein Album von Hante.?
Ich arbeite allein, meistens in meinem Schlafzimmer, mit meinem Computer, meinen Kopfhörern und einem kleinen Master-Keyboard. Ich komponiere, nehme meinen Gesang auf, mixe, beherrsche den Song. In letzter Zeit helfen mir aber vermehrt einige meiner Freunde bei der Labelarbeit. Mir ist klar, dass es langsam wirklich schwierig wird, alles selbst zu erledigen. Ich bin oft von Arbeit überhäuft und versuche, immer mehr davon zu delegieren.

„Tief in uns steckt etwas Animalisches, Instinktives. Fierce beschreibt dies perfekt.“


Unknown ist in Zusammenarbeit mit Sólveig Matthildur von Kælan Mikla entstanden. Wie kam es dazu und wie habt ihr die Distanz zwischen Frankreich und Island überbrückt?
Wir haben uns im September 2017 in Paris getroffen. An diesem Abend spielten wir im selben Club und ich war ziemlich aufgeregt, sie kennenzulernen. Ich mochte sowohl die Musik von Kælan Mikla als auch die von Sólveigs Soloprojekt, und ihr ging es andersrum genauso. Sie erzählte mir, dass sie ein großer Fan meiner Arbeit ist, und als ich nach der Show ging, sagte ich, dass wir zusammen ein Lied machen sollten. Ein paar Monate später schickte ich ihr ein Stück ohne Gesang und fragte sie, ob sie inspiriert sei. Sie fügte eine Synthline hinzu und einige Tage später die Vocals. Das Ergebnis war absolut perfekt! Wir beschlossen, dass ich im Hintergrund singen sollte. Ich liebe einfach, wie unsere Stimmen zusammen klingen! Dies ist einer meiner Lieblingssongs des Albums und Sólveig hat ihm etwas Magisches verliehen.

Und bei Nobody‘s Watching hast du mit Marble Slave und Fragrance. kooperiert.
Marble Slave und Fragrance. sind Soloprojekte zweier meiner besten Freunde. Sie leben in Paris, also konnten wir uns treffen und gemeinsam an dem Song arbeiten. Das meiste davon wurde aber separat komponiert und über das Internet ausgetauscht. Ich denke, der Song ist eine perfekte Mischung unserer Stile, man kann alle charakteristischen Sounds von Marble Slave, Fragrance. und Hante. heraushören.
Kurz zu diesen Projekten: Jeder, der sie nicht kennt, sollte unbedingt mal reinhören – und das sage ich jetzt nicht nur, weil sie meine Freunde sind
[lacht]. Die Jungs sind so talentiert! Ich habe 2018 die letzte EP von Marble Slave, Surveillance, auf meinem Label Synth Religion veröffentlicht und von Fragrance. folgt am 22. Februar das Debütalbum Now That I’m Real.


Es ist das erste Mal, dass männliche Stimmen bei Hante. zu hören sind. Das betrifft neben Nobody’s Watching auch den Song No Tenderness. Hier singt Ætervader so gut wie allein. Warst du von den Ergebnissen überrascht?
Bei Nobody’s Watching sind die Stimmen von uns Dreien zu hören. Marble Slave hat eine tiefe, Fragrance. eine weichere und verträumte Stimme, und ich steuere den Hintergrundgesang bei. Bei No Tenderness unterstütze ich im Chorus den Gesang von Ætervader. Tatsächlich singe ich bei allen Kollaborationen, aber immer nur im Hintergrund.
Ich wollte einfach mit diesen Künstlern zusammenarbeiten, weil ich sie bewundere und ihre Arbeit liebe. Es war reiner Zufall, dass drei von ihnen Männer sind, und nicht wirklich anders, männliche Stimmen zu mischen. Ich habe die gleichen Effekte verwendet und es hörte sich sofort gut an.

Insgesamt sind auf Fierce, anders als bisher, auffallend viele Gastmusiker zu hören. Gibt es dafür spezielle Gründe?
Nach der Tour im Herbst 2017 war es an der Zeit, an einem neuen Album zu arbeiten – und ich muss sagen, dass ich mich in dieser Zeit sehr einsam fühlte. Ich konnte es einfach nicht mehr aushalten, alles alleine zu machen. Ich dachte einfach, dass es schön wäre, einmal ein Album mit vielen Kollaborationen aufzunehmen. Um mich weniger einsam zu fühlen, um mit tollen Künstlern zusammenzuarbeiten, um meine Leidenschaft zu teilen. Das habe ich seit Minuit Machine wirklich vermisst; mein anderes Projekt, welches wir im Frühjahr 2016 auf Eis gelegt, ganz aktuell aber wieder reaktiviert haben.

„Ich fand es wichtig, einen Song für die Menschen zu schreiben, die jeden Tag leiden.“


Wie ist der Stand bei Minuit Machine? Wie kommt ihr mit dem neuen Album voran?
Wir liegen gerade in den letzten Zügen! Wir sind total begeistert und können es kaum erwarten, eine neue Single zu veröffentlichen. Das Album wird diesen Frühling veröffentlicht. Wir werden nach der Veröffentlichung auch einige Shows spielen, einschließlich diverser Festivals in diesem Sommer.

Respect ist ein perfekter Dancefloor-Song, ohne den melancholischen Touch, den die Fans von Hante. kennen. Das Stück hätte sich vielleicht auch gut in das Album von Minuit Machine eingefügt ...
Dies war der allererste Song, den ich für das neue Album geschrieben habe – und ich musste wirklich ein bisschen mit ihm kämpfen. Es gibt circa acht Versionen davon, und einige waren definitiv melancholischer. Aber die haben nicht so richtig funktioniert. Was bei diesem Song aber viel wichtiger ist, das ist sein Text. Der Kampf einer Person aus Los Angeles, mit unbestimmtem Geschlecht, der ich in den sozialen Medien folge, inspirierte mich dazu. Der Song handelt davon, wie die Menschen jemanden unglücklich machen können, weil sie deren Anderssein nicht respektieren. Ich weiß, dass es abgedroschen klingt, aber ich kann Menschen nicht leiden, die nicht aufgeschlossen sind und andere ständig verurteilen, nur weil sie anders sind. Ich fand es wichtig, einen Song für die Menschen zu schreiben, die jeden Tag leiden. Es ist zwar nur ein Lied, aber ich hoffe, dass es den Betroffenen etwas Kraft gibt.


Das Video zu Wild Animal wurde von den Ouroboros Studios in Berlin produziert. Ein Pariser Studio wäre vielleicht die näherliegende Wahl gewesen. Warum diese Entscheidung?
Das Team hatte mein allererstes Musikvideo, für The Storm, produziert. Der Chef von Stellar Kinematics, meinem damaligen Label, erzählte mir, dass einige Regisseure aus London an einem Video für mich arbeiten. Ich hatte keine weitergehenden Informationen dazu und eines Tages schickte er mir einen Link und sagte: „Das ist dein Video.“ Es war wirklich komisch, als Kontrollfreak nicht an der Kreation beteiligt gewesen zu sein. Aber ich habe das Video geliebt. Ich dachte einfach nur wow! Jetzt, fünf Jahre später, brauchte ich ein neues Musikvideo und dachte direkt an sie. Ich habe ihre Arbeit seitdem verfolgt und alles war einfach nur großartig. Also fragte ich, ob sie auch für Wild Animal so arbeiten könnten wie an The Storm. Ich vertraute ihnen, ich habe bis zum Schluss kein Bildermaterial von den Aufnahmen gesehen. Ich wusste einfach, dass es gut werden würde. Und da sie jetzt in Berlin ansässig sind, haben sie alles dort gedreht.

Du wirst mit Hante. dieses Jahr wieder auf dem Wave-Gotik-Treffen spielen. Was erwartest du dir von diesem Auftritt?
Ich freue mich schon sehr darauf! Ich denke, dass ich seit meinem letzten Auftritt dort viel reifer geworden bin. Ich war damals jung und leicht zu beeindrucken. Jetzt möchte ich zeigen, dass ich wirklich ‚fierce‘ bin [lacht]. 

Worin unterscheidet sich das WGT von anderen Festivals oder Gigs?
Das WGT ist eine der größten Veranstaltungen mit den größten Venues, in denen ich jemals gespielt habe. Aber was es wirklich von anderen Events unterscheidet, ist das Publikum. Es gibt große Festivals, da schaut dich mindestens die Hälfte des Publikums an, als wärst du ein Alien. Wohl deshalb, weil die Leute auf eine andere Band warten, die nicht genau den gleichen Stil hat wie man selbst. Aber wenn man auf einer WGT-Veranstaltung spielt, ist ganz einfach klar, dass man sein Publikum erreichen wird. Genau das macht die Erfahrung so großartig!

Was planst du ansonsten für die nächsten Monate mit Hante.?
Ich werde Ende April, Anfang Mai, mit meinen großartigen Freunden Box.And.The.Twins in den USA touren. Das wird super! Ich habe gerade auch bei der Agentur Artery Global unterschrieben, die meine Bookings für Europa übernimmt. In den nächsten Monaten werde ich ein paar Einzelkonzerte, auf Festivals und im Herbst als Support von Lebanon Hanover spielen. Im November gehe ich dann mit einem ganz besonderen Gast auf Tour – dazu in Kürze mehr!

hante. fears album cover artworkDas Album Fierce ist im Januar 2019 bei Synth Religion und Metropolis Records erschienen.

In gewohnt hallgetränkter Manier schwebt die Pariserin Hélène de Thoury auf Fierce durch insgesamt 13 Songs, die von einer düsteren 80er-Jahre-Aura umwoben sind. Das neue Album von Hante. klingt wesentlich atmosphärischer als die zuvor veröffentlichten. Wegen der dystopischen Aura der Songs, die teilweise an Szenen der britischen Science-Fiction-Serie Black Mirror erinnern, kann man sich schnell in der entrückt anmutenden Welt der Französin verlieren. Hélènes eindringliche, intensive Vocals haben etwas von Zola Jesus. Die Gastvokalisten Sólveig Matthildur von Kælan Mikla (Unknown), Marble Slave und Fragrance. (Nobody’s Watching), Ætervader (No Tenderness) sowie Box von Düe (The Moon Song) werten das Album, das optimal zur dunklen Jahreszeit passt, mit ihren Beiträgen zusätzlich auf. Jetzt fehlt nur noch eine ordentliche Portion Nebel – und alles ist perfekt.



Interview + Text: Catrin Nordwigamazon button
Review: Julia Beyer
www.facebook.com/hanteband

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Zumindest kommen die Parallelen nicht von ungefähr. Denn ein gewisser James Mendez (Jihad) sorgte Ende 2021 für die Initialzündung. „Wir sind schon länger befreundet gewesen. Bei einem Besuch spielte ich ihm einige Skizzen vor, er gab mir den Impuls, daran weiterzuarbeiten und eine VÖ anzustreben. Das war so eigentlich nie geplant“, sagt Niko zu VOLT.

Womöglich elementar: Der Freund aus Texas ließ etwas zurück. „James hatte mir sein Focusrite Interface geschenkt. Er verwendete es zuvor bei seinen Live-Auftritten und vermutlich auch für sein letztes Album.“ Das ist eine Erklärung für den brillanten Sound von bent. Dafür aber mindestens genauso wichtig: „Während des kreativen Prozesses greife ich instinktiv nach Chören, Flächen, Plucks und Bells. Melodieführung spielt dabei immer eine zentrale Rolle. Ich liebe elektronische Sounds mit Seele, die etwas auslösen … die ikonisch, zeitlos und organisch klingen – und Musik, die echt, authentisch und emotional ist.“

Echt, authentisch, emotional

Neben Depeche Mode waren es dann eben auch Mentallo & The Fixer, Benestrophe, Skinny Puppy oder FLA, die den Musiker prägten.

bent decades ep

Rund 20 Stücke nahmen Gestalt an, die ältesten drei davon – At This Place, Decades und Sirens Call – kommen in verschiedenen Versionen auf die EP. Bei einem Remix singt James Mendez (im Original ein Instrumental). Auch Amnistia, Object und Pyrroline konnten für Remixe gewonnen werden. Ansonsten macht der Aschheimer mit norddeutschen Wurzeln bis hin zu Mixing und Mastering alles selbst: „Getreu dem Motto, wenn’s nicht gut wird, geht‘s auf meine Kappe.“

Das wird mit Sicherheit nicht passieren. Im November oder Dezember 2023 soll die EP Decades erscheinen. Ein komplettes Album von bent folgt im kommenden Jahr.


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