„Die da ist wirklich brüllend hässlich. Sehen Sie? Kaum nehm' ich diese Brille ab, sieht sie aus wie eine stinknormale Frau. Ist doch wahr, oder? Brille auf – was sehe ich? Eine Formaldehyd-Visage.“
Auch dank Filmzitaten wie diesem dem B-Movie-Klassiker Sie leben! entnommenen genießt der Regisseur und Produzent John Carpenter in SciFi- und Horror-Kreisen seit Jahrzehnten einen erstklassigen Ruf. Paolo Prevosto, Gründer und Chef des italienischen Online-Magazins FantascienzaItalia und der kreative Kopf des Synthwave-Projekts Simulakrum Lab, lässt sich regelmäßig von Carpenters Werken inspirieren.
So wie viele Nachtschwärmer kennt gewiss auch Prevosto Situationen wie diese: Es ist wieder spät geworden, doch um ins Bett zu gehen, ist es noch zu früh. Wer jetzt erst einmal runterkommen, die Füße hochlegen und abschalten möchte, der hat schnell ein Problem, denn der naheliegende Griff zur Fernbedienung erweist sich nachts meistens als Fehler.
Sobald die Glotze läuft, ist an Entspannung kaum mehr zu denken. Hektische Teleshopping-Verkäufer, Weltkriegsdokumentationen und als sogenannte Sport Clips getarnte Softpornos zerfetzen jegliche Atmosphäre bereits im Ansatz – ein Alptraum.
Gut beraten ist, wer stattdessen den Spartensender ARD alpha einschaltet. Wer schon einmal von der sonoren Stimme des dort zu sehenden Malkünstlers Bob Ross oder den von sphärischen Klängen untermalten Weltraumbildern der Space Night in das Land der Träume geleitet wurde, der weiß: In solchen Momenten gibt es nichts Besseres.
Prevostos zweites Album Simulakrum Lab II ist am 16. April 2019 offiziell erschienen und klingt, als sei es von genau diesem Wissen durchdrungen. Es ist eine Hommage an Tangerine Dream, Giorgio Moroder und andere Pioniere der elektronischen Musik – vor allem jedoch ist es ein beherzter und gelungener Versuch, die Atmosphäre düsterer B-Movie-Soundtracks der späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahre einzufangen.
Der Videoclip zu einem der auf Simulakrum Lab II enthaltenen Stücke weckt Erinnerungen an Filme wie Tron und Zurück in die Zukunft – es ist die visuelle Ästhetik des beginnenden Computerzeitalters, die Nerds und Geeks auf Anhieb fasziniert.
Neben der kanadischen Gastsängerin Dana Jean Phoenix sicherte sich Paolo Prevosto weitere prominente Unterstützung. Cody Carpenter, der Sohn des berühmten Regisseurs John Carpenter, bedient bei vier der insgesamt neun auf Simulakrum Lab II enthaltenen Stücke die Tasten der Synths bzw. des Pianos.
Kai Reinbold
[2019] [A5]

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