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Immer der Nase nach
Was Reverend Gary Davis und Hannes Wader miteinander verbindet? Das hat sich wahrscheinlich noch nie jemand gefragt. Warum auch? Auf den ersten Blick haben die beiden nichts gemein, ganz im Gegenteil.

Im Vergleich zum singenden Reverend wirkt der 77-jährige Liedermacher wie ein taufrischer Jungspund. Was vor allem daran liegt, dass der Ende des 19. Jahrhunderts geborene Davis, von Beruf Baptistenprediger und Blues-Musiker, seit 47 Jahren tot ist. Gott hab ihn selig.

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Für Wader, nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls nicht mehr ganz jungen Lord Vader, muss Davis ein Vorbild sein. Die mit Sicherheit rein musikalische Vorliebe für eine aus den Blättern des Cocastrauchs gewonnene Rauschsubstanz eint die beiden Musiker.

Eines Tages widmet Davis dem Kokain einen erfolgreichen Song, den Cocaine Blues. Der Reverend habe das Stück von einem durchreisenden Karnevalsmusiker namens Porter Irving gelernt. Um 1900, als er selbst noch ein Kind war, so heißt es.

Mitte der 1960er-Jahre, als das US-amerikanische Folk Revival seinen Höhepunkt erreicht, ist Davis' Cocaine Blues sehr gefragt. Zu jenen, die den Song covern oder anderweitig adaptieren, gehört nicht nur Bob Dylan. „Cocaine all around my brain“, diese Textzeile findet sich auch bei Wader.

Wer glaubt, mit der besungenen Sinnesvernebelung schließe sich der Kreis, der hat die Rechnung ohne Thomas Elbern gemacht. Thomas ... wer? Na, der von Pink Turns Blue und Escape With Romeo. 1989. Somebody und so. Toller Song, unvergessen. Das waren noch Zeiten!


An Lebensjahren und Bühnenerfahrung haben ihm Wader und Davis naturgemäß etwas voraus, doch auch Elbern geht auf die Sechzig zu. Dafür hat er sich gut gehalten. Dennoch müht er sich allem Anschein nach redlich, den Rückstand wettzumachen – musikalisch wie optisch.

Zusammen mit Shufflerror gründet er Dirty Vocoder. Eine Band. Der Debüt-EP Future Shock folgen keine schockierenden, dafür umso bizarrer anmutende Videoclips. Und eine weitere EP namens Cocaine Dawn. 2019, kurz vor Halloween. Helloween, so heißt auch einer der neuen Songs. Ob mit e oder mit a, wer weiß das schon genau?


Die Maske und der glänzende Anzug, die Elbern neuerdings trägt, verleihen ihm die Aura eines in die Jahre gekommenen Business-Batmans auf dem Weg zur Afterwork-Party. Die Musik hat ein bisschen was von Leftfield. Klingt doch gar nicht mal schlecht.

Veröffentlicht bei Reptile Music, ist Cocaine Dawn von Dirty Vocoder vielerorts erhältlich. Notiz hat davon kaum jemand genommen. Und was ist das Ende vom Lied? Der Download via Bandcamp kostet ganze 3 Euro. Durchaus erschwinglich. Immerhin – zum Zweiten, zum Dritten … verkauft! 




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Text: Kai Reinbold
www.facebook.com/electronicmusicfromvocoder


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klangstabil live 2024

 

„NCN Festival 2024: Klangstabil – exklusive Headlinershow“, so war es am letzten Wochenende in Deutzen auf großen Bannern zu lesen. Besucher rieben sich die Augen, schauten noch mal hin. Tatsächlich! Und jetzt rumort es in der Electro-Welt: Comeback, Tour, Album? VOLT funkte für die harten Fakten nach Norwegen.

bent niko martens

 

In Süddeutschland wohnen und perfekten Austin-Electro produzieren – das erlaubt sich Niko Martens seit geraumer Zeit mit seinem Projekt bent. Nach einigen Demos erschien nun der erste finale Track als Vorbote für eine Debüt-EP. Kann hier wirklich alles mit rechten Dingen zugehen?

Zumindest kommen die Parallelen nicht von ungefähr. Denn ein gewisser James Mendez (Jihad) sorgte Ende 2021 für die Initialzündung. „Wir sind schon länger befreundet gewesen. Bei einem Besuch spielte ich ihm einige Skizzen vor, er gab mir den Impuls, daran weiterzuarbeiten und eine VÖ anzustreben. Das war so eigentlich nie geplant“, sagt Niko zu VOLT.

Womöglich elementar: Der Freund aus Texas ließ etwas zurück. „James hatte mir sein Focusrite Interface geschenkt. Er verwendete es zuvor bei seinen Live-Auftritten und vermutlich auch für sein letztes Album.“ Das ist eine Erklärung für den brillanten Sound von bent. Dafür aber mindestens genauso wichtig: „Während des kreativen Prozesses greife ich instinktiv nach Chören, Flächen, Plucks und Bells. Melodieführung spielt dabei immer eine zentrale Rolle. Ich liebe elektronische Sounds mit Seele, die etwas auslösen … die ikonisch, zeitlos und organisch klingen – und Musik, die echt, authentisch und emotional ist.“

Echt, authentisch, emotional

Neben Depeche Mode waren es dann eben auch Mentallo & The Fixer, Benestrophe, Skinny Puppy oder FLA, die den Musiker prägten.

bent decades ep

Rund 20 Stücke nahmen Gestalt an, die ältesten drei davon – At This Place, Decades und Sirens Call – kommen in verschiedenen Versionen auf die EP. Bei einem Remix singt James Mendez (im Original ein Instrumental). Auch Amnistia, Object und Pyrroline konnten für Remixe gewonnen werden. Ansonsten macht der Aschheimer mit norddeutschen Wurzeln bis hin zu Mixing und Mastering alles selbst: „Getreu dem Motto, wenn’s nicht gut wird, geht‘s auf meine Kappe.“

Das wird mit Sicherheit nicht passieren. Im November oder Dezember 2023 soll die EP Decades erscheinen. Ein komplettes Album von bent folgt im kommenden Jahr.


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